Widerspruch zu Ulrich Duchrow

 

Den von Ulrich Duchrow im Interview der Wochenzeitung „Die Kirche“ Nr. 20 vom 18. Mai 2008 vertretenen Positionen zum EU-Reformvertrag muss deutlich widersprochen werden. Wie kann Herr Duchrow behaupten, die EU, insbesondere der sich im Zustimmungsverfahren befindliche EU-Reformvertrag, diene einzig der „Wiedereinführung des brutalen liberalen Kapitalismus“.

 

Warum will Herr Duchrow nicht sehen und nicht gelten lassen, dass die EU eine europäische Erfolgs- und Friedensgeschichte ist. Die EU hat entscheidend dazu beigetragen, dass sich Europa in fast allen seinen Teilen friedlich entwickelt. Europa findet zu gemeinsamen Zielen. 27 Staaten streben gemeinsame Politiken an, u. a. auf den Feldern Stärkung von Grundrechten, Wirtschafts- und Energiepolitik, Klimaschutz, gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik. Es ist daran zu erinnern, dass die EU entscheidenden Anteil daran hat, dass Deutschland heute von Freunden „umzingelt“ ist. Für die neuen Bundesländer muss immer wieder daran erinnert werden, welche umfangreichen materiellen Hilfen diese zum Beispiel über die EU-Strukturfonds erhalten.

 

Allein das materielle Lebensniveau hat sich in den EU-Staaten und damit für die weitaus meisten in ihr lebenden Menschen deutlich verbessert. Auch die demokratischen Strukturen sind in den Beitrittsländern gestärkt und stabilisiert worden.

 

Viele Politikbereiche, wie zum Beispiel die Wirtschafts- und Währungspolitik, notwendige Antworten auf den Klimawandel oder eine unumgänglich notwendige Energiesolidarität sind nur sehr begrenzt national gestaltbar. Es ist absolut notwendig, übernational handeln zu können. Der EU-Reformvertrag gibt hierfür einen vernünftigen Rahmen. Und natürlich wäre es eine unverzeihliche Unterlassung, darauf zu verzichten, eine gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik zu verfolgen. Hierzu gehört auch die schrittweise Festlegung einer gemeinsamen Verteidigungspolitik, um so die Identität und Unabhängigkeit Europas zu stärken, und Frieden, Sicherheit und Fortschritt in Europa und in der Welt zu fördern.

 

Herr Duchrow sollte einmal darüber nachdenken, warum der EU-Reformprozess für andere mögliche Staatengemeinschaften als Vorbild und nicht als Abschreckung gilt.

 

Ich habe insbesondere in einer Kirchenzeitung selten so viel Bösartiges über die Erfolgsgeschichte der EU gelesen. Wenn Herr Duchrow meint, mit seinem Interview mitzuhelfen, Populisten abwehren zu können, so trägt er leider selber eher zur Verwirrung, denn zur Klärung der Geister bei.

 

Jürgen Scharf

Vorsitzender der CDU-Fraktion

im Landtag von Sachsen-Anhalt